US-Zölle und Auswirkungen auf Emerging Markets
Es hatte viele Spekulationen im Vorfeld gegeben. Was Präsident Trump dann aber am 2. April und in den Folgetagen verkündete, übertraf die Erwartungen bzw. Befürchtungen der meisten Beobachter:innen und Marktteilnehmer:innen. In einem Rundumschlag stellte der US-Präsident massive Zollerhöhungen für Einfuhren aus dutzenden Staaten vor, nicht nur gegen China.
Möglicherweise könnte Trump einigen wichtigen Handelspartnern von China Erleichterungen bei den Zöllen in Aussicht stellen, wenn sie im Gegenzug ihrerseits chinesische Güter ebenfalls mit Importzöllen belegen.China selbst ist aber auch schon intensiv mit anderen Ländern im Gespräch – beispielsweise mit Vietnam – um etwaige derartige Pläne zu durchkreuzen.
Marktentwicklung US-Dollar: Aktien und Anleihen in den USA geben nach
Die konkreten Zollmaßnahmen hier darzustellen, würde zum einen den Rahmen sprengen und ist zum anderen wenig sinnvoll, da seither fast täglich Rücknahmen, Ausnahmen, Ergänzungen und Änderungen verkündet werden.
Die erste Marktreaktion auf den Aktienmärkten weltweit war negativ, bewegte sich mit einem Kursrückgang von rund 10 % für den globalen Schwellenländer-Index aber noch in einem überschaubaren Rahmen. Seither haben die meisten Schwellenländer-Aktienmärkte einen erheblichen Teil dieser Kursverluste wieder aufgeholt.
Mit am stärksten setzten die Ankündigungen bislang dem US-Dollar, US-Aktien und langlaufenden US-Staatsanleihen zu. Die neueste „Amerika zuerst“-Politik des Weißen Hauses führte zumindest auf den Finanzmärkten bislang eher zu einem „Amerika zuletzt“-Ergebnis.
Chinas Antwort: Gegenzölle
Die politische Reaktion Pekings war erwartbar hart, wie auch schon im Vorfeld angekündigt. Unverzüglich beantwortete man Trumps Zollerhöhungen mit ähnlich starken eigenen Zollanhebungen für US-Produkte, zeigt sich aber zugleich gesprächsbereit. Chinas Führung dürfte deutlich besser auf eine solche Auseinandersetzung vorbereitet sein als zu Trumps erster Amtszeit. Ähnliches scheint auch für viele chinesische Unternehmen zu gelten. Das dürfte auch zur bislang vergleichsweise moderaten Reaktion an Chinas Börsen beigetragen haben, ebenso wie die Tatsache, dass Chinas Führung weitreichende Unterstützung für die heimische Wirtschaft signalisiert hat. Auch der schon vor Monaten sehr öffentlichkeitswirksam inszenierte demonstrative Schulterschluss zwischen Präsident Xi und den heimischen Technologieunternehmen hat offenbar die zuvor recht negative Stimmung im Land und in Chinas Unternehmenssektor positiv beeinflusst.
Wirtschaftliche Erholung in China in Gefahr?
In ersten Schätzungen erwarten Analyst:innen für das Jahr 2025 Wachstumseinbußen zwischen 1 % und 1,5 % beim chinesischen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Aller Voraussicht nach wird die chinesische Führung mit fiskalischen und monetären Stimuli gegensteuern und versuchen, das bisherige Wachstumsziel von rund 5 % dennoch zu erreichen. Dazu dürfte es erforderlich sein, vor allem den inländischen Konsum zu stärken und im Gegenzug die inländische Sparquote zu senken. Bislang dienen vor allem diverse Eintauschprogramme diesem Ziel, bei denen Konsument:innen erhebliche Preisnachlässe beim Kauf neuer Konsumgüter erhalten, wenn sie ihre bisher genutzten Artikel dabei eintauschen. Bislang wurde der Umfang dieser Programme gegenüber dem Vorjahr auf rund 40 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Peking setzt bei Innovation und Wirtschaftswachstum wieder sehr viel stärker auf den eigenen privaten Unternehmenssektor als noch in den letzten Jahren.
Bei der Aktienauswahl in China bevorzugen wir nach wie vor Qualitätsunternehmen, die globale Marktführer sind und nur begrenzt vom US-Markt abhängig sind. Zudem favorisieren wir weiterhin chinesische Internetunternehmen mit hohen positiven Cashflows und die weniger anfällig für makroökonomische Schwankungen sind. Darüber hinaus setzen wir auch auf Titel, die von speziellen Handelsprogrammen profitieren sowie auf Sektoren, die bis auf Weiteres im Fokus der chinesischen Regierung stehen, etwa die Lokalisierung der Halbleiterproduktion.
Viele Unwägbarkeiten bleiben
Die langfristigen Auswirkungen der US-Zollpolitik bleiben schwer kalkulierbar, einschließlich möglicher Zweit- und Drittrundeneffekte. Unmittelbar ist eine starke Zurückhaltung bei Investitionen aller Art in Exportprojekte zu beobachten, speziell bei jenen mit USA-Bezug. Die sprunghafte Vorgehensweise des Weißen Hauses und die dabei vorgebrachten Argumente haben einen Vertrauensverlust in die USA zur Folge, der sich unter anderem auch im kräftigen Kursrückgang des US-Dollars manifestiert.
Der US-Dollar war zwar fundamental zuletzt extrem teuer und schon von daher „reif“ für eine Korrektur. Insofern sollte man auch nicht zu viel in diese Wechselkursbewegungen hineininterpretieren. Unabhängig von den konkreten Auslösern sollte der nachgebende US-Dollar aber tendenziell Rückenwind für Anleihen und Aktien der Emerging Markets (Schwellenländer) liefern. Das war jedenfalls in der Vergangenheit meist so.
Gewisser Gegenwind geht derzeit hingegen von den zuletzt wieder gestiegenen US-Staatsanleiherenditen bei mittleren und langen Laufzeiten aus. Hier bleibt aber abzuwarten, ob dies nicht nur eine vorübergehende Bewegung ist. Während ein schwächerer US-Dollar der neuen US-Regierung sogar recht gelegen kommen dürfte, löste der US-Renditeanstieg sichtbare Unruhe aus und führte wohl auch dazu, dass man einen Teil der Zollerhöhungen erst einmal aussetzte „um Raum für Verhandlungslösungen zu schaffen“, wie es offiziell hieß.

Ausblick für Emerging Markets bleibt insgesamt gut
Generell sehen wir die Schwellenländer auch im Lichte der drastischen Ankündigungen als recht widerstandsfähig gegenüber einem verschärften Handelskonflikt mit den USA. Der schwächere Ölpreis im Zuge rückläufiger Erwartungen für die Weltkonjunktur hilft all jenen Schwellenländern, die auf Ölimporte angewiesen sind. Die Notenbanken und Regierungen verfügen in etlichen großen Emerging Markets, wie etwa China und Indien, über erheblichen Spielraum zum Gegensteuern. Die meist moderaten bis günstigen Bewertungen in vielen Schwellenländern bieten Unterstützung für die Aktienkurse.
Selbstverständlich bestehen aber auch etliche Risiken. Es ist derzeit unklar, wie die US-Notenbank (Fed) auf einen etwaigen Inflationsanstieg in den USA als Folge der Handelskonflikte reagieren wird. Die US-Finanzmärkte gehen aktuell von Zinssenkungen aus, und erwarten, dass die Fed vor allem auf die gestiegenen Konjunkturrisiken schaut und inflationäre Effekte der Zollpolitik als einmaligen Ausreißer betrachten wird. Das Risiko für eine US-Rezession ist zuletzt zweifellos deutlich gestiegen. Inwieweit es tatsächlich schlagend wird, hängt vermutlich vor allem vom weiteren Agieren der US-Administration ab. Geopolitisch bieten die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine zusätzliches Risikopotenzial, speziell wenn es zu neuerlichen Eskalationen kommen sollte. Trumps jüngste Rhetorik gegenüber dem Iran sowie die Verlegung strategischer amerikanischer Bomber in die Region hat die Risiken diesbezüglich zuletzt steigen lassen.
Im Gegenzug könnte es aber auch positive Entwicklungen geben, etwa ein neues Iran-Abkommen oder eine Beilegung des Ukrainekrieges. Im Zuge solcher Entwicklungen könnten die Risikoprämien für Schwellenländeraktien spürbar sinken und die Aktienkurse Auftrieb erhalten, speziell auf den zentral- und osteuropäischen Märkten.
Im Bereich der Schwellenländeranleihen haben sich die Renditeaufschläge für Hartwährungsanleihen aber in den letzten Wochen kräftig ausgeweitet. Es waren auch erhebliche Mittelabflüsse in diesem Segment zu beobachten. Die Lage wird sich wahrscheinlich nicht so schnell entspannen und angesichts einer fast täglich wechselnden Nachrichtenlage dürften die starken Kursschwankungen vorerst anhalten. Im Vergleich dazu hat es bei Lokalwährungsanleihen recht wenig Bewegung gegeben und bislang auch kaum Netto-Kapitalabflüsse. Die lokalen Anleihekurse scheinen nicht zuletzt durch das Potenzial für Zinssenkungen recht gut unterstützt. Natürlich müssen bei diesen Anleihen die Wechselkursrisiken im Auge behalten werden. Bei einigen Staaten gab es aufgrund länderspezifischer Faktoren zuletzt recht kräftige Abwertungen, beispielsweise bei den Währungen der Türkei und Argentiniens.