Infrastruktur der Zukunft
Der Infrastruktur der Zukunft widmete sich heuer das 5. Nachhaltigkeitssymposium der Raiffeisen KAG.
Gerade ihrer Langlebigkeit von oft mehreren Jahrzehnten kommt bei der grünen Wende eine besondere Bedeutung zu. Außerdem sind der Bau- und Gebäudesektor für knapp 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. „Nachhaltigkeit bedeutet einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Insbesondere das Thema Infrastruktur gibt hier ganz viel her“, betont Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG. Daher sei es umso wichtiger, sich im Fondsmanagement frühzeitig mit neuen Entwicklungen zu beschäftigen. Um die grüne Transformation zu meistern und den Wohlstand halten zu können, werde man mit Verboten nicht weiterkommen, deshalb sei es begrüßenswert, dass auch die Politik davon immer mehr abkomme, so Aigner. Gerade für Investments biete die Infrastruktur große Chancen. „Wir alle reden aktuell von Green Bonds. Man könnte auch künftig ,Infrastructure Bonds’ emittieren, um zum Beispiel Gesundheitsprojekte wie den Bau von Spitälern zu finanzieren“, schlägt Aigner vor. Einen besonderen Stellenwert für die Herausforderungen der Transformation habe aber das richtige Mindset, um die Dinge anzupacken.
Transformationsberaterin Stella Schaller rät dazu, den inneren Kompass für die Transformation mit positiven Zukunftsbildern zu schärfen. Es helfe bei der Motivation, das Neue erfahrbar und greifbar zu machen. „Alle Systeme haben Lebenszyklen, in denen sie wachsen und dienlich sind, bevor sie von etwas Neuem abgelöst werden“, so Schaller. In dieser Phase dazwischen, wo sich das Alte zerbrösle und sich auflöse und das Neue noch nicht ganz da sei, kommt es häufig zu Unsicherheiten, Chaos und Konflikten. Dabei sei es wichtig zu wissen, dass die Transformation im Wesentlichen im Inneren passiere. Die Gesellschaft und Wirtschaft stehe aktuell vor der Aufgabe, „ein degeneratives System in ein nachhaltig regeneratives System überzuführen“. Das seien nicht oberflächliche, sondern tiefgründige Veränderungen.
Erschwert werde die Transformation durch das Auftreten von Polykrisen, wie man es derzeit erlebe. So sei die ökologische Krise mit vielen anderen verbunden, etwa dem Krieg oder der Inflation. „Die vielen Aspekte der Polykrise bedingen sich und verstärken sich gegenseitig“, so Schaller. Um einen Beitrag für die Transformation zu leisten, arbeitete Schaller am Buch „Zukunftsbilder 2045“ mit. Dabei geht es um die Reise in die Welt von morgen. Es soll auch visuell dargestellt werden, wie schön und nachhaltig sich die Gesellschaft entwickeln kann, etwa in Wien im Jahre 2045. Nach Schallers Vorstellung wird in dieser Welt immer mehr Grün in die Städte Einzug halten und damit speziell Ballungsräume lebenswerter machen.
Drastische Schritte notwendig
Mit dem Ressourcenverbrauch des Wohlstands beschäftigte sich Willi Haas von der Universität für Bodenkultur. „Wir verändern die Natur so, dass es ungemütlich wird“, betonte Haas. Es werden immer mehr Tonnen der Natur entnommen, ohne dass es ihr zurückgegeben werde. Die Zirkularität nehme immer mehr ab. So habe der Materialverbrauch im Jahr 2015 um 50 Prozent innerhalb von 15 Jahren zugenommen, berichtet Haas. Um den Ressourcenverbrauch drastisch zu reduzieren, brauche es tiefgreifende Änderungen in der Gesellschaft. „Kein Neubau auf unbebautem Land macht wirklichen einen Unterschied“, erklärt Haas. „Erst dann würden sich die Materialflüsse von Grund auf ändern. Und erst das führe dazu, dass man bei den „planetaren Grenzen“, also den ökologischen Grenzen der Erde, zurückrudern könne und diese entlasten.
Welche Fortschritte der Ziegelhersteller Wienerberger bei der Nachhaltigkeit macht, zeigt Mark van Loon, der Nachhaltigkeit und Innovation beim börsenotierten Unternehmen verantwortet. „Wir gehen immer mehr hin zu energieneutralen Gebäuden.“ Eine Strategie dabei sei, die Langlebigkeit der Produkte zu erhöhen, aber auch den Wasserverbrauch zu reduzieren. Auf Unternehmensebene hat Wienerberger die oft abstrakten langfristigen Ziele auf viele kurzfristige greifbare Ziele runtergebrochen, um die grüne Transformation voranzubringen. So will das Unternehmen etwa bis 2026 die CO2-Emissionen bei Dekarbonisierung bzw. im Energiemix auf 25 Prozent im eigenen Unternehmen und beim Energielieferanten (Scope 1 & 2) reduzieren. Es geht darum, dass die Ziele für die Menschen greifbar werden, erklärt van Loon. Wichtig sei es aber, in Systemlösungen zu denken, denn nur so komme man zu innovativen Ansätzen.
Pionierarbeit in Tirol
Viel Erfahrung mit innovativen Ansätzen sammelt derzeit auch die Raiffeisenlandesbank Tirol mit dem Umbau der Zentrale als „Social Urban Mining“-Projekt ins „RAIQA“. Dabei erfolgt die Verwertung des alten Gebäudes über Zusammenarbeit mit sozialen Vereinen. Jedes einzelne Bauelement wird erfasst und so weit wie möglich einer Wiederverwertung zugeführt. Es sei überraschend gewesen, wie viel von den Baumaterialien wiederverwendet werden könne, erklärt Florian Flunger-Lang von der RLB Tirol. Im Vergleich zu einem klassischen Abbruch koste es natürlich mehr Zeit, allerdings spare es auch „graue Energie“ ein. „Mit dem Projekt leisten wir Pionierarbeit“, betont Flunger-Lang.
Quelle:
Christian Lovrinovic,
Raiffeisenzeitung
Bilder: Klaus Bauer