Die Entwicklung des Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien

Wir haben András Szalkai, Fondsmanager des Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien zu der Entwicklung des Fonds befragt.

Der Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien hat von dieser neuen Dynamik mit einem Plus von 25,95 % (netto) in den letzten 12 Monaten (per Ende Februar 2024) sehr stark profitiert – wobei der Krieg in der Ukraine noch immer wie ein Damoklesschwert über der Region schwebt, bedauert Fondsmanager András Szalkai.

Ohne den Krieg in der Ukraine würde es den Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien wohl gar nicht geben. Wie ist dieser Fonds entstanden?

András Szalkai: Der Fonds ist aus dem früheren Raiffeisen-Osteuropa-Aktien hervorgegangen, den wir unmittelbar nach Kriegsausbruch aufgrund der Sanktionen wegen seines hohen Russland-Exposures, rund 50 %, schließen mussten.  Und nachdem im April 2023 noch immer kein Ende des Krieges absehbar war, haben wir entschieden, den Russland-Teil aus dem Fonds abzuspalten und den restlichen Teil wieder zu öffnen und dadurch handelbar zu machen. Natürlich haben wir den Fonds auch im geschlossenen Zustand weiterverwaltet und Kaufgelegenheiten aus den anderen, handelbaren Märkten wie beispielsweise der Türkei, Polen oder Tschechien genutzt.

Bei der Abspaltung ist es aber nicht geblieben, der Fonds hat nicht nur einen neuen Namen bekommen, sondern wurde auch neu ausgerichtet.

Ja, wir haben zum einen das Management des Fonds nach ESG*-Kriterien ausgerichtet und zum anderen aber auch die Märkte, in die er investieren kann, neu, mit einem Fokus auf Zentraleuropa, definiert. Konkret haben wir natürlich Russland aus dem Investmentuniversum herausgenommen, ebenso die Türkei und Griechenland. Dafür aber haben wir Österreich ergänzt. (Lesen Sie mehr: Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien: neuer Fokus, bewährte Expertise)

Weshalb wurde diese Umstellung vorgenommen?

Uns ging es in erster Linie darum, Volatilität herauszunehmen und die Risiken des Fonds zu reduzieren. Wir haben aber auch die Strategie des Fonds verändert: So kaufen wir auch globale Aktien von Unternehmen, die überproportional (minimum 20 - 30 %) in der Region tätig, aber an den lokalen Börsen nicht notwendigerweise gelistet sind. Das Investmentuniversum umfasst in diesem Segment ca. 150 Titel. Grundsätzlich investieren wir von der Ostsee bis zur Adria und zum Schwarzen Meer. Das Baltikum spielt hier ebenso eine Rolle wie die Märkte Polen, Tschechien, Ungarn und Österreich. Aber wir schauen uns auch Titel aus Slowenien und Kroatien und natürlich auch Rumänien und Bulgarien an.

Der Fonds ist nun verantwortungsvoll im Sinne von ESG ausgerichtet. Was bedeutet das für die Auswahl an investierbaren Titel?

Durch diese Ausrichtung fallen von rund 250 Unternehmen etwas mehr als 100 Unternehmen weg, weil diese unseren Ansprüchen von verantwortungsvollem Agieren nicht entsprechen. Mit rund 150 Titeln haben wir aber noch immer eine sehr große Auswahl, aus der wir am Ende in die 50 aussichtsreichsten Titel investieren.

Raiffeisen-Osteuropa-Aktien

Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien

Fonds im Detail

Welche Rolle spielen globale Aktien?

Am Anfang lag der Anteil der globalen Aktien von Unternehmen, die in Zentraleuropa tätig sind, bei etwa 20 Prozent. Aktuell ist dieser Anteil etwas geringer, da wir unsere Investments in Polen verstärkt haben. Hier hat uns die Parlamentswahl in die Hände gespielt. Die neue Regierung in Polen wird von den Märkten als wesentlich marktfreundlicher gesehen und die Börse in Warschau hat vor und nach der Wahl mit extrem starken Anstiegen reagiert. Wir haben daher rund die Hälfte der globalen Investments im Fonds abgebaut und in Polen reinvestiert. Die Entwicklung in Polen und auch die Erholung der Börse hat auf die gesamte Region ausgestreut und der Fonds hat davon stark profitiert. In den vergangenen 12 Monaten (Stand: Ende Februar 2024), hat der Fonds netto um 25,95 % zugelegt.

Können Sie uns ein Beispiel für ein polnisches Unternehmen nennen, in das Sie investiert sind?

Ein Beispiel hierfür ist INPost SA, eine in den Niederlanden gelistete polnische Firma, die im Bereich automatisierte Postfächer tätig ist. Lieferungen können bei Abholstationen sicher und zeitunabhängig abgeholt werden. Die Benachrichtigung erfolgt über SMS oder E-Mail. Die Firma ist in Polen sehr erfolgreich und die Services sollen auch in andere europäische Länder wie Frankreich und England ausgerollt werden. Zusätzlich gefällt uns, dass die Firma auch beim Thema Nachhaltigkeit punktet, da so CO2 eingespart werden kann.

Abgesehen von Polen – gab es weitere wichtige Entwicklungen, die für Investor:innen in der Region relevant sind oder waren?

Als solchen kann man sicherlich ein großes IPO** in Rumänien von rund zwei Milliarden US-Dollar bezeichnen. Das Unternehmen, ein Wasserkraftwerk, das ursprünglich dem Staat gehörte, heißt Hidroelectrica, es produziert grüne Energie und ist wirtschaftlich gut aufgestellt. Der Börsengang war nicht nur für osteuropäische Verhältnisse ein großes Ereignis, sondern hat globale Investor:innen angezogen. Das Unternehmen performt sehr stark und bietet darüber hinaus eine Dividendenrendite von 9 %. Dieses Unternehmen zählt zu den Top-Positionen im Fonds und hat ebenfalls die Performance getrieben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit sagt natürlich nichts über künftige Entwicklungen aus, aber wir sind sehr zuversichtlich, dass hier noch weiteres Potenzial vorhanden ist.

Die Themen Inflation, Zinsen und Geopolitik treiben die Märkte aktuell. Welche Erwartungen haben Sie in dieser Hinsicht für den Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien?

Die Erwartung im Markt ist, dass die großen Notenbanken die Zinsen wieder senken werden. Und da werden auch die lokalen Notenbanken mitziehen. In einigen Ländern haben die Zentralbanken sogar schon mit Zinssenkungen begonnen, weil die Inflation global aber auch in Zentraleuropa sehr stark sinkt. Sollten die Fed und die EZB mit Zinssenkungen starten, wäre das sehr positiv für die Aktien und würde den Kursen sicherlich spürbaren Schub geben – wahrscheinlich aber erst in der zweiten Jahreshälfte. Die durchschnittliche Bewertung der zentraleuropäischen Aktien liegt noch immer 20 bis 30 % hinter den historischen Durchschnittsbewertungen. Da gibt es noch großes Potenzial. Und wenn sich die Zinsen wieder normalisieren, wird sich dieser Abschlagswert verringern. Natürlich geht es nicht nur um die Bewertungsniveaus, sondern auch um Wachstum – sowohl der Firmen selbst als auch der Wirtschaft.

Und welche Prognosen gibt es in Bezug auf das Wirtschaftswachstum der Region?

Durchaus gute. Letztes Jahr war dieses durchschnittlich bei Null. Heuer werden zwischen 2 und 3 % Wachstum erwartet und für 2025 geht die Prognose in Richtung 3 %. Das ist immerhin das Doppelte bzw. Dreifache von dem, was für Westeuropa prognostiziert wird. Das heißt, auch von dieser Seite gibt es Unterstützung und die Aussicht auf höhere Gewinne bei den Unternehmen. Wir gehen davon aus, dass das insbesondere auch den Bankensektor unterstützen wird, den wir im Fonds mit rund 40 bis 50 % Gesamtanteil sehr stark berücksichtigen.

In den vergangenen Jahren haben die hohen Energiepreise die Entwicklung vieler Unternehmen dominiert. Die Preise haben sich inzwischen wieder stabilisiert und die Versorgungssicherheit scheint gegeben zu sein. Ist das Thema noch Thema?

Auf jeden Fall! Die Entwicklung der Energiepreise bleibt für ganz Europa ein sehr wichtiger Faktor und ist auch für Unternehmen essenziell. Die aktuell stark fallenden Erdgaspreise treiben die Inflation nach unten und das hat starke Implikationen auf die Aktienmärkte. Denn bei einigen Energiefirmen werden die Gewinne, die wir gesehen haben, stark zurückgehen. Andere wiederum, vor allem Industrieunternehmen, die sehr stark gelitten haben, können sich jetzt wieder erholen. Im Fondsmanagement haben wir jetzt die Möglichkeit, aktiv in die Märkte hineinzugehen und entsprechend umzuschichten. Das treibt die Relativperformance des Fonds, speziell auch deshalb, weil wir als ESG-Investor nicht in alle verfügbaren Firmen investieren, wie beispielsweise Unternehmen, die aus dem Nuklearbereich kommen. Wir stocken daher Positionen auf, die von diesem Trend profitieren, weil sie beispielsweise einen hohen Energiebedarf haben und nun günstiger produzieren können. Wienerberger ist hier ein gutes Beispiel. Das Unternehmen wird zusätzlich auch stark von niedrigeren Zinsen profitieren, da diese wieder zu einer Belebung der Immobilienbranche führen sollten.

Mit welchen Risiken sind Investor:innen konfrontiert?

Neben den Marktrisiken, die für Kapitalmarktinvestments gelten, sind das in erster Linie geopolitische Risiken, insbesondere natürlich der Krieg in der Ukraine, der wie ein Damoklesschwert über der Region schwebt und auch für den Rest der Welt mit großen Risiken verbunden ist. Sollte es gelingen, hier noch Schlimmeres abzuwenden und im Idealfall den Krieg zu beenden, würde die Region enorm profitieren – nicht nur von den geringeren Risiken, sondern auch aufgrund des Aufbaupotenzials.

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* Nachhaltiges Finanzwesen bezieht sich im Sinne des Green Deals der EU auf den Prozess der Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen (ESG) bei Investitionsentscheidungen im Finanzsektor, was zu langfristigeren Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten und Projekte führt.

** IPO ist die Abkürzung für Initial Public Offering, zu Deutsch: „erstes öffentliches Angebot”. Kurz gesagt ist ein IPO ein Börsengang eines Unternehmens. Mittels eines IPOs können Anleger:innen Aktien eines Unternehmens erwerben, das bisher nicht an der Börse notiert war.

Der Raiffeisen-Zentraleuropa-ESG-Aktien weist eine erhöhte Volatilität auf, d.h. die Anteilswerte sind auch innerhalb kurzer Zeiträume großen Schwankungen nach oben und nach unten ausgesetzt, wobei auch Kapitalverluste nicht ausgeschlossen werden können.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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